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AutorenbildFlorian Gruber

Return to Sports nach Schulterverletzung

Eine der häufigsten Fragen, die ich von PatientInnen nach einer Schulterverletzung oder Schulteroperation bekommen ist: „Wann kann ich wieder Sport machen?“

Diese Frage ist aus meiner Sicht als leidenschaftlicher Sportler natürlich enorm wichtig, aber pauschal nicht zu beantworten.

Es kommt dabei auf viele Faktoren drauf an:

  • Welche Verletzung liegt vor

  • Welcher Sport wird ausgeübt

  • Welches Level wird angestrebt

  • Wie lange bestehen bereits Probleme

Dieser Blog soll einen Überblick geben und zumindest eine gewisse Orientierungshilfe bieten.


Welche Verletzungsarten gibt es bei der Schulter?


Sowohl im Kontaktsport als auch bei Wurf- oder Schlagsportarten muss die Schulter enorme Lasten aushalten.

Impacts von Checks, Service beim Tennis, schwerer Gewichte im Kraftsport uvm. fordern den gesamten Schultergürtel.

Weil wir mit unseren Armen enorm viele Aktionen ausführen können, sind auch die potentiellen Verletzungen und Mechanismen sehr vielfältig.


Primär muss man unterscheiden zwischen Trauma (akute Verletzung) und Überlastungen.

Akute Verletzungen (Trauma):

1) Sind typisch für Kontaktsportarten

2) Häufige Verletzungen:

  • Schulterluxation

  • ACG Verletzungen (Acromioclavicular Gelenks)

  • Rockwood I-VI, Tossy I-III

  • Schlüsselbeinfraktur (Clavicula)

3) Mechanismen:

  • Sturz auf die Schulter

  • Bodycheck/ Aufprall

Überlastungen:

1) Sind typisch für Kraftsport und Überkopfsportarten


2) Häufige Probleme:

  • Rotatorenmanschette (Einrisse/ Risse)

  • Tendinopathien (z.B.: Bicepssehnen Tendinopathie)

  • SLAP (Superiores Labrum Anterior Posterior) dazu habe ich bereits einen Blog geschrieben

  • Bursitis (Schleimbeutelentzündung)


3) Mechanismen:

  • acute-chronic workload steht in einem starken Missmatch Bsp.: Junger, sportlicher Bursch der anfängt im Fitnessstudio zu trainieren. Innerhalb kurzer Zeit steigen die Gewichte und die Intensität enorm an. Pausenzeiten werden ignoriert, weil nur hartes Training scheint den Erfolg zu bringen. Plötzlich beginnt die Schulter beim Bankdrücken zu zwicken. usw.







Return to Sport (RTS)


Der Weg zum RTS beginnt ab dem Tag 1 nach der Verletzung/ Operation.

Die physiologischen Heilungsphasen, geben dabei einen groben Leitfaden vor.

Zusätzlich werden aber Kriterien festgelegt, mit denen man garantieren will, dass der Patient auch wirklich ready für den nächsten Schritt ist.

Wir arbeiten also nicht nur Zeitbasiert, sondern auch Kriterienbasiert.



BERN CONSENSUS 2022

Weil es wenig hochqualitative Literatur zum Thema RTS nach Schulterverletzungen gibt, wurde eine ExpertInnen Consensus erstellt.   ExpertInnen aus Praxis und Wissenschaft kamen dabei auf folgende Fokuspunkte, die in der Return to Sports Reha bei Schulterverletzungen beachtet werden sollen.   Verbessern der sportspezifischen Biomechanik und Technik Ständig steigende Intensität in der Reha, um die AthletInnen am Limit der Kapazität herauszufordern Resilienz ausbauen: sowohl physiologische, als auch psychologische Kapazität Belastung zu tolerieren, muss trainiert werden Absprache im multidisziplinären Team   Zusätzlich wurden Fokuspunkte formuliert, die den Rehaprozess leiten sollen: Die Irritierbarkeit der Schulter gibt die Progression vor Klinisch relevante Beweglichkeitsdefizite sollen mit aktiven Übungen bearbeitet werden Die Skapula soll in der Reha mit einbezogen werden, aber es soll NICHT auf Dyskinesie gescreent werden Auswahl von adäquaten Übungen (offene vs geschlossene Kette)  Plyometrie soll bald in der Reha implementiert werden Trainieren des Gehirns - Speziell um Bewegungsängste zu reduzieren Sportspezifische Übungsauswahl

Weil es wenig hochqualitative Literatur zum Thema RTS nach Schulterverletzungen gibt, wurde eine ExpertInnen Consensus erstellt.


ExpertInnen aus Praxis und Wissenschaft kamen dabei auf folgende Fokuspunkte, die in der Return to Sports Reha bei Schulterverletzungen beachtet werden sollen.


  1. Verbessern der sportspezifischen Biomechanik und Technik

  2. Ständig steigende Intensität in der Reha, um die AthletInnen am Limit der Kapazität herauszufordern

  3. Resilienz ausbauen: sowohl physiologische, als auch psychologische Kapazität Belastung zu tolerieren, muss trainiert werden

  4. Absprache im multidisziplinären Team


Zusätzlich wurden Fokuspunkte formuliert, die den Rehaprozess leiten sollen:

  1. Die Irritierbarkeit der Schulter gibt die Progression vor

  2. Klinisch relevante Beweglichkeitsdefizite sollen mit aktiven Übungen bearbeitet werden

  3. Die Skapula soll in der Reha mit einbezogen werden, aber es soll NICHT auf Dyskinesie gescreent werden

  4. Auswahl von adäquaten Übungen (offene vs geschlossene Kette)

  5. Plyometrie soll bald in der Reha implementiert werden

  6. Trainieren des Gehirns - Speziell um Bewegungsängste zu reduzieren

  7. Sportspezifische Übungsauswahl


WUNDHEILUNGSPHASEN

Ein kurzer Überblick, was bei der Heilung so passiert. Welche Phasen es gibt und was man in den Phasen fokussiert.

Entzündungsphase

Fokus: Weniger ist mehr! In den ersten 0-5 Tagen nach einer Verletzung/ Operation ist das Mantra: Entzündungszeichen reduzieren! Die Entzündungsphase ist wichtig, denn sie bereitet Alles für weitere Heilungsprozesse vor. So soll ein optimales Heilen ermöglich werden. Sind Entzündungszeichen aber deutlich länger stark ausgeprägt vorhanden, handelt es sich bereits um einen verzögerten Heilungsverlauf und Ziele müssen angepasst und kommuniziert werden. Therapiemaßnahmen:

  • abschwellende Maßnahmen (Lymphdrainage, Lymphtape,…)

  • passive Mobilisationen im absolut spannungs- und schmerzfreien Bereich

  • lockeres Aktivieren der nichtbetroffenen Körperteile


Fokus: Weniger ist mehr!   In den ersten 0-5 Tagen nach einer Verletzung/ Operation ist das Mantra: Entzündungszeichen reduzieren! Die Entzündungsphase ist wichtig, denn sie bereitet Alles für weitere Heilungsprozesse vor. So soll ein optimales Heilen ermöglich werden.  Sind Entzündungszeichen aber deutlich länger stark ausgeprägt vorhanden, handelt es sich bereits um einen verzögerten Heilungsverlauf und Ziele müssen angepasst und kommuniziert werden.  Therapiemaßnahmen: abschwellende Maßnahmen (Lymphdrainage, Lymphtape,…) passive Mobilisationen im absolut spannungs- und schmerzfreien Bereich lockeres Aktivieren der nichtbetroffenen Körperteile

Proliferationsphase

Remodulationsphase

Maturationsphase




WANN KANN ICH WIEDER SPORT MACHEN?

Die wohl wichtigste Frage für AthletInnen und HobbysportlerInnen: „Wann kann ich wieder Sport machen?"

Und ebenso die wohl schwierigste Frage zu beantworten. Denn Fakt ist, man kann es im Voraus schwer sagen.


Es kommt auf eine Vielzahl von Faktoren drauf an wie z.B.:

  • Welche Verletzung?

  • Konservativ oder Operativ?

  • Welcher Sport?

  • Welches Level?

  • Beitragende Faktoren


Trotzdem haben wir im Interdisziplinären Team (mindestens Arzt & Physio) die Aufgabe, diese Frage so präzise wie möglich zu beantworten.

Warum gemeinsam? Weil ich fest davon überzeugt bin, dass eine gute Absprache über die OP und den post OP Verlauf hilft, die Prognose zu stellen.



Erwartete Timelines bezogen auf typische Verletzungen


Rotatorenmanschetten Naht:

Rotatorenmanschetten Naht:    4-17 Monate nach Operation auf das selbe Level kommen ca. 73% der HobbysportlerInnen zurück aber nur ca. 50% der ProfiathletInnen schaffen den Anschluss an das selbe Level allerdings nur ca. 38% der ÜberkopfsportlerInnen
  • 4-17 Monate nach Operation

  • auf das selbe Level kommen ca. 73% der HobbysportlerInnen zurück

  • aber nur ca. 50% der ProfiathletInnen schaffen den Anschluss an das selbe Level

  • allerdings nur ca. 38% der ÜberkopfsportlerInnen


Schulterluxation:

5-8 Monate nach Operation auf das selbe Level kommen ca. 70% der SportlerInnen zurück

  • 5-8 Monate nach Operation

  • auf das selbe Level kommen ca. 70% der SportlerInnen zurück





ACG Rockwood III-VI:

ACG Rockwood III-VI:   ca. 4 Monate nach Operation zu 94% schaffen Personen den RTS auf das selbe Level kommen 84% der SportlerInnen zurück

  • ca. 4 Monate nach Operation

  • zu 94% schaffen Personen den RTS

  • auf das selbe Level kommen 84% der SportlerInnen zurück




Return to Sport Testungen

Die Entscheidung ob ein/e SportlerIn wieder fit für den RTS ist sollte nicht leichtfertig gemacht werden.

Wichtig ist vor allem eine Übereinstimmung im interdisziplinären Team.

Dazu zähle ich in den meisten Fällen ÄrztIn, TrainerIn, Physio und auch den/die SportlerIn selbst.


Vielen ist bekannt, dass man die Schulter auf Kraft und Beweglichkeit testet. Was dabei erreicht werden muss, kannst du weiter unten lesen.

Zusätzlich ist wie bereits erwähnt die Heilungsphase eine physiologische Hürde.

Was oft vergessen wird ist die psychische Komponente.

Speziell nach Schulterluxationen, ist die sogenannte Kinesiophobie (Angst vor Bewegung) eine riesige Hürde.


Somit gibt es 3 große Teile die Beurteilt werden müssen:

  • physiologische Wundheilung (Zeit)

  • physische Voraussetzung (Beweglichkeit, Kraft)

  • psychische Voraussetzung



KRITERIEN - nach Schulterschmerzen/ -verletzung/ -operation


Etwas genauer beschrieben sollte ein/e SportlerInn folgendes zeigen:


• volle und schmerzfreie Bewegung

• fühlt sich zuversichtlich und ready

keine Apprehension oder Angst vor erneuter Verletzung • 90% - 100% der Kraft in allen Ebenen

• ≥ 90% UQYBT (Upper Quadrant Y-Balance Test)

• positives Ergebnis bei:

Clap Push Up Test (CPUT)

Closed Kinetic Chain Upper Extremity Stability Test (CKCUEST)

Single Arm Line Hop Test (CKCUEST)



Alles Testungen kannst du im nächsten Abschnitt sehen.



Isolationstestung

Manuelles Testen [1]

Die wohl bekannteste Art die Kraft zu testen. Händischer Widerstand in eine Bewegungsrichtung.

Diese Methode ist absolut ungeeignet für die RTS Testung, denn Kraftunterschiede können nur sehr schlecht wahrgenommen werden.



Isokinet

Das ist der Goldstandard für die Kraftmessung in der Wissenschaft. Leider sind die Kosten von mehreren 10000€ eine große Hürde in der Anschaffung.


Guidelines für AR/IR Ratios:

Konzentrisch 30-30 sitzend (90°/s - Isokinetische Testung)

• Allgemein ~ 0.60 • AthletInnen ~ 0.75



Zugdynamometer - Hand Held Dynamometry [2,3]

Ich selbst verwende gerne ein Zugdynamometer.  Die Vorteile für mich als Tester: weniger Anstrengend ich kann bei der Testung von außen beobachten die Testung ist zuverlässiger Video zur Testung  Guidelines für AR/IR Ratios:  Isometrisch 90-0 in Bauchlage • Allgemein ~ 0.80  • AthletInnen ~ 1.00   Ein gutes Ziel für isometrische AR-Kraft in Bauchlage, ABD 90° ist >20% Körpergewicht

Ich selbst verwende gerne ein Zugdynamometer.

Die Vorteile für mich als Tester:

  • weniger Anstrengend

  • ich kann bei der Testung von außen beobachten

  • die Testung ist zuverlässiger


Guidelines für AR/IR Ratios:

Isometrisch 90-0 in Bauchlage

• Allgemein ~ 0.80

• AthletInnen ~ 1.00


Ein gutes Ziel für isometrische AR-Kraft in Bauchlage, ABD 90° ist >20% Körpergewicht



Kraftmessplatten Rate of Force Development (RFD) Testing [4]

Kraftmessplatten Rate of Force Development (RFD) Testing [4]  Testung in Bauchlage  I, Y, T Position 2 x bei 75% Anstrengung für 5 Sekunden gehalten 60 Sekunden Satzpause rest • 1 x 100% Anstrengung für 5 Sekunden gehalten Ziel: 85-90% der Peak Force in <0.5 Sekunden
  • Testung in Bauchlage I, Y, T Position

  • 2 x bei 75% Anstrengung für 5 Sekunden gehalten

  • 60 Sekunden Satzpause rest • 1 x 100% Anstrengung für 5 Sekunden gehalten

  • Ziel: 85-90% der Peak Force in <0.5 Sekunden


Funktionelle Testungen


Kraft Pre-Post

Wenn jemand seine Kraftwerte vor der Verletzung weis, kann man diese als Beurteilung heranziehen.



Upper Quarter Y Balance Test (UQYBT) [5]

Upper Quarter Y Balance Test (UQYBT) [5]   Testet den Stützarm (Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit) • 3 Streckversuche mit dem freien Arm • Die Hand soll den Boden nicht berühren • Füße sind Schulterbreit und immer am Boden • Gesamtdistanz wird gemessen • Ziel: <10% Differenz zwischen den Seiten

Testet den Stützarm (Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit) • 3 Streckversuche mit dem freien Arm

• Die Hand soll den Boden nicht berühren • Füße sind Schulterbreit und immer am Boden

• Gesamtdistanz wird gemessen • Ziel: <10% Differenz zwischen den Seiten



Closed Chain Upper Extremity Stability Test (CCCUEST/ CKCUEST) [6]

Closed Chain Upper Extremity Stability Test (CCCUEST/ CKCUEST) [6]  15 Sekunden zwischen Händen 90cm Füße hüftbreit  Video zur Testung Anzahl der Handtaps wird gezählt „Neuling“ > 20x „Trainiert“ > 25x
  • 15 Sekunden

  • zwischen Händen 90cm

  • Füße hüftbreit

Anzahl der Handtaps wird gezählt

  • „Neuling“ > 20x

  • „Trainiert“ > 25x




Clapping Push Up [7]

Clapping Push Up [7]  30 Sekunden Anzahl wird gezählt „Neuling“ > 15x „Trainiert“ > 25x
  • 30 Sekunden

  • Anzahl wird gezählt

    • „Neuling“ > 15x

    • „Trainiert“ > 25x



Single Arm Line Hop [7]

Single Arm Line Hop [7]  30 Sekunden knieend Über eine Linie hüpfen, so oft wie möglich „Neuling“ > 10x „Trainiert“ > 15x
  • 30 Sekunden

  • knieend

  • Über eine Linie hüpfen, so oft wie möglich

    • „Neuling“ > 10x

    • „Trainiert“ > 15x



Seated Med Ball Throw [7]

  • Sitzend mit Rücken gegen die Wand und gestreckten Beinen

  • Medizinball vor der Brust mit beiden Händen: 3kg weiblich, 4kg männlich

  • In einem 45° Winkel, so hart und schnell man kann, wegwerfen

  • 3x Üben (1 Minute Satzpause), 4te Wiederholung zählt


Rating:

1-2m = LOW 3-4m = GOOD 5-6m = SUPERB

2-3m = AVERAGE 4-5m = EXCELLENT 6+m = GOD LEVEL




Quellen:

[1] Nagatomi T (2017) Shoulder manual muscle resistance test cannot fully detect muscle weakness. Jul;25(7):2081-2088. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc.

[2] Berckmans K (2017) The isokinetic rotator cuff strength ratios in overhead athletes: Assessment and exercise effect. Phys Ther Sport. Sep;27:65-75.

[3] Riemann BL (2010) Hand-held dynamometer testing of the internal and external rotator musculature based on selected positions to establish normative data and unilateral ratios. J Shoulder Elbow Surg. Dec;19(8):1175-83

[4] Ashworth B (2018) The Athletic Shoulder (ASH) test: reliability of a novel upper body isometric strength test in elite rugby players. BMJ Open Sport Exerc Med. Jul 23;4(1)

[5] Gorman PP (2012) Upper Quarter Y Balance Test: reliability and performance comparison between genders in active adults. J Strength Cond Res Nov;26(11):3043-8

[6] Tucci HT (2014) Closed Chain Upper Extremity Stability test (CCUEST): a reliability study in persons with and without shoulder impingement syndrome. BMC Musculoskelet Disord. Jan 3;15:1.

[7] Olds, M (2019) Reliability of a shoulder arm return to sports test battery. Physical Therapy in Sport, Vol 39; 16-22

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